Die Jahrhundert-Saga von Ken Follett

Wie beschreibt man die über 3.000 Seiten starke Jahrhundert-Saga von Ken Follet am besten? Mit einem Wort: Episch. Beginnend im Jahr 1905 begleiten die drei Bücher „Sturz der Titanen“, „Winter der Welt“ und „Kinder der Freiheit“ eine englische, eine amerikanische, eine deutsche und eine russische Familie über mehrere Generationen bis zum Mauerfall 1989.

Bei einem Essen auf dem Landsitz von Earl Fitzherbert, einem walisischen Adligen, treffen die Nationalitäten aufeinander und legen ihre Standpunkte und die Standpunkte ihrer Länder im globalen Machtkampf dar – alles noch in freundschaftlicher Atmosphäre, denn Krieg der einen Keil durch Europa treiben wird, liegt noch in weiter Ferne. Im ersten Buch reicht die Handlung über die Kämpfe der Bergarbeiter in Wales, über den Arbeiterkampf gegen das Zarenregime in Russland über den ersten Weltkrieg zur Russischen Revolution. Follett erzählt das Abrutschen Europas in die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts durch die Augen von Adligen, Diplomaten und hohen Militärs, aber auch Arbeitern, einfachen Soldaten und Kleinkriminellen. So erfährt man bspw. die Zimmermann-Depesche sowohl aus der vorangegangenen Debatte im deutschen Reich, über den Geheimdienstmitarbeiter, der sie abfängt bis hin zur Diskussion im amerikanischen Führungsstab wie man mit der Information umgehen soll und die Reaktionen der europäischen Mächte.

Wer die Kingsbridge-Bücher von Follett gelesen hat, erkennt sofort sein wiederkehrendes Motiv: Kampf gegen die Unterdrückung durch die Augen herausragender Persönlichkeiten. Geschickt verknüpft er die großen historischen Ereignisse mit persönlichen Dramen: Trennung und Verlust, aber auch Mut und Liebe. Wie der deutsche Soldat, der sich nach dem ersten Weltkrieg zu Fuß aus der russischen Kriegsgefangenschaft nach Deutschland kämpft – um dann 15 Jahre später von der Gestapo zu Tode gefoltert zu werden.

Das zweite Buch „Winter der Welt“ beginnt mit der Machtergreifung der Nazis und dem um sich greifenden Faschismus in Europa, der schließlich im zweiten Weltkrieg endet. Man erlebt den spanischen Bürgerkrieg aus Sicht sozialistischer Idealisten aus England, die mit der Brutalität der russischen kommunistischen Verbündeten gegen Franko konfrontiert werden. In Russland selbst verzweifeln die ehemaligen Oktober-Revolutionäre an Stalins Herrschaft. Ich gebe jeweils nur einen groben Überblick über die behandelten Ereignisse, da schon allein alle Ereignisse aufzuzählen da dies bereits den Rahmen dieses Textes sprengen würde.

Das Dritte Buch beginnt mit dem Bau der Mauer und führt über Cuba-Krise, Bürgerrechtsbewegung, Vietnamkrieg bis zum Fall der Mauer. Die Kriegserfahrungen welche große Teile der ersten beiden Bücher bestimmen treten nun in den Hintergrund. Hauptakteure sind zwar weiterhin Diplomaten, Spione und Politiker – doch zu ihnen gesellen sich nun auch Musiker, Schauspieler und Journalisten.

Die Bücher sind, wie alle Bücher von Ken Follett hervorragend recherchiert. Es schafft eine seltsame Spannung, wenn man die Geschichte schon kennt, aber Menschen folgt, die eben nicht wissen, was als nächstes geschieht. Neben den großen Ereignissen baut Follett auch immer wieder unbekanntere Ereignisse ein wie den Widerstand der Deutschen während des Nationalsozialismus gegen das Euthanasie-Gesetz oder über wie die faschistische Partei Englands in den 30er Jahren.

Ich kann jedem nur empfehlen diese Bücher zu lesen vor allem denen, die sagen „der wahre Sozialismus wurde nie versucht“, „war ja nicht alles schlecht damals“ oder auch „die AfD ist die neue NSDAP“.