Die Kirchen verlieren immer mehr Mitglieder. Vergangenes Jahr waren es so viele wie nie zuvor. In Baden-Württemberg haben mehr als 81.500 Menschen die katholische Kirche verlassen.
Bundesweit sind 522.821 Menschen im Jahr 2022 aus der katholischen Kirche ausgetreten. Bereits 2021 waren es 359.338 Menschen, was damals ebenfalls ein Rekordwert war. In der evangelischen Kirche sieht es nciht viel besser aus, 2022 erklärten rund 380.000 Mitglieder ihren Austritt.
Eigentlich habe ich mich ja mit dem #Christentum ein Stück weit ausgesöhnt. Auch weil ich zu meiner Bestürzung feststellen muss, dass die Abkehr von Religion nicht zwangsläufig mit einer Hinwendung zur Vernunft einhergeht, wie sich Russel das noch vorgestellt hat („Religion is something left over from the infancy of our intelligence, it will fade away as we adopt reason and science as our guidelines“).
Das hält mich allerdings nicht davon ab, mich über die schwindenden Mitgliederzahlen zu freuen, denn die Verquickung von Staat und Kirche sowie die Machtkonzentration in geistlichen Händen halte ich nach wie vor für nicht tragbar. Das theistische Gotteskonzept, wie es zwar selbst von Theologen immer weniger vertreten wird, aber eben immer noch von den Kanzeln gepredigt wird für nicht haltbar.
Dann aber tut mir die Kirche in ihrer Agonie doch irgendwie ein bisschen leid. Viele Christen, die ich getroffen habe sind gute und engagierte Menschen, die sich weniger auf den dogmatischen Unterbau der Kirche stützen, sondern viel mehr auf die zentrale Botschaft der Barmherzigkeit.
Doch auch gerade das macht sie für die Bauernfänger der Woko Haram zu so leichten Opfern. Zum einen versuchen sie ihr verstaubtes Image mit hippen neuen Ideen aufzupäppeln, zum anderen klingen ja oberflächlich betrachtet die Ideen beinahe christlich: Man setzt sich für Minderheiten ein, für die Unterdrückten, die Armen und Schwachen. Doch das ist sie nur an der Oberfläche, was dem in Kritik an dieser Bewegung ungeschulten verborgen bleibt.
„Gott ist queer“ – hieß es, neben anderen Standardphrasen aus dem Jargon der Wokisten („Black Lives Matter“, „Wir sind die Letzte Generation“, „Irgendwas mit Seenotrettung“) beim evangelischen Kirchentag. Erstmal natürlcih schön, ein liberales Statement zur Homosexualität aus der Kirche zu hören – aber es heißt ja nicht „Gott ist schwul, sondern „queer“. „Queer“ hat eben auch eine tiefere Bedeutung. Der Begriff entstammt der sogenannten „Queer Theory“, deren prominenteste Vertreterin Judith Butler ist und deren folgenreiche Grundthese besagt, dass Geschlecht und Sexualität gänzlich „sozial konstruiert“ und diese Konstruktionen unterdrückerisch seien.
Auch wenn es der sich anbiedernden Kirche verborgen bleibt, so trifft hier die naturwissenschaftsfeindliche dogmatische Kirche, die so heute allenfalls noch in den Freikirchen gibt, auf die naturwissenschaftsfeindliche dogmatische Sekte der Wokisten. Erstere lehnten bzw. lehnen die Naturwissenschaft ab, weil sie im Widerspruch zur Bibel steht, letztere weil selbst Wissenschaft in ihrem Verständnis ein kulturell geprägtes soziales Konstrukt ist, dass es zu demontieren gilt.
„Es ist eine Art religiöser Glaube, in dem die Gestalt der zu schaffenden unterdrückungsfreien Gesellschaft ähnlich nebulös ist wie das Himmelreich im Christentum. Dies aber mit dem feinen Unterschied, dass Christen nicht glauben, ihr Himmelreich herbeiführen zu können, indem sie möglichst gründlich die Strukturen der Gesellschaft untergraben und es dem Prinzip Hoffnung überlassen, dass sich aus dem so angerichteten Chaos heraus die erwartete Utopie spontan von selbst formiere.“ (S. Wessels)
Diese unheilige Allianz wird der Kirche jedenfalls nicht helfen, den Mitgliederschwund einzudämmen. Ihre traditionell eingestellten Mitglieder wird sie mit diesen Thesen vor den Kopf stoßen und die Woken selbst verachten die Kirche und betrachten sie bestenfalls als Mittel zum Zweck.
