Männer waren Jäger, Frauen NUR Sammler – Rezension Tagesspiegelartikel vom 15.12.2021

Ausnahmsweise mal ein Exkurs in die Geschichte – ist ja meine eigentliche Profession, wobei Ur- und Frühgeschichte nicht Teil des Studiums sind.Das vom Tagesspiegel extra eingefügte „nur“ ist wunderbares Abziehbild linker Strohmannscher Argumentationsstrategie – und zwar in beiden möglichen Bedeutungen des Wortes „nur“. Bedeutung 1: nur = ausschließlich: Niemand hat jemals behauptet, dass keine Frau in der Steinzeit auch mal gejagt hat. So wie übrigens auch niemand behauptet hat, dass Männer nie sammelten.

Die Unterstellung, der, der Tendenzen und Muster erkennt und benennt, würde Menschen auf diese Einteilung reduzieren und konsequent behaupten „ALLE sind so!“, ist eine typische Unterstellung, ein Strohmann, mit dessen sehr leichter Bekämpfung man glaubt, die Argumentation gewonnen zu haben.Bedeutung 2: nur = weniger wert. Niemand hat jemals behauptet, das Sammlertum sei eine dem Jägertum untergeordnete Tätigkeit. Sammeln ist genauso wichtig wie jagen, und durch die TENDENZIELLE Aufgabenverteilung haben beide Geschlechter seit jeher zum bestmöglichen Überleben beigetragen. – Die Unterstellung, der, der Tendenzen und Muster erkennt, würde die Arbeit von Gesellschaftsgruppen mit dieser Einteilung abwerten, ist eine typische Unterstellung, ein Strohmann, mit dessen sehr leichter Bekämpfung man glaubt, die Argumentation gewonnen zu haben. Schlimmer noch: Sie schlägt in die gleiche Kerbe wie: Ach – Du bist „nur“ Mutter? Als wäre es Frevel an der gleichberechtigten Gesellschaft, dass eine das Muttersein erfüllen kann.F. Engels, der neben seinen sozialistischen Umtrieben auch ein bemerkenswerter Historiker war, führt in seinem brillianten Buch „Die Entstehung der Familie des Privateigentums und des Staates“ aus, dass zum Zeitpunkt der „Jäger und Sammler“ die soziale Macht höchstwahrscheinlich komplett bei den Frauen lag, da diese sich um die Vorratshaltung kümmerten und die Männer ohnehin ständig auf der Jagd starben. Hinzu kommt, dass die Menschen noch in Gruppenehe lebten, es also keine Einzelnen Paar sondern jeder jedes Geschwister und Partner zugleich.

Zu Zeiten Engels gab es Völker, die noch immer in dieser Gesellschaftsform lebten. Durch Adam und Eva bekommt man den Eindruck vermittelt, die Einzelehe wäre der Urzustand. Isser aber nicht. Die Nachkommen können nur der Mutter genau zugeordnet werden, was zu weiterer Konzentration der Macht bei Frauen führt – wenn man in diesem Zusammenhang überhaupt von „Macht“ sprechen sollte – letztendlich ist es organisiserte Kooperation, was die „FeministinX“ mit ihrer Kampfesideologie wohl niemals begreifen werden. Die Gesellschaft ist kein soziales Konstrukt, sondern ein soziales Produkt.Engels wagt in seinem Buch den Schluß, dass das Patriarchat mit der Seßhaftigkeit und der damit verbundenen Entstehung von Privatbesitz verbunden ist. Salop formuliert: Da Papa nun seinem Sohnemann gerne seinen Supi-Dupi-Acker vererben möchte, muss die Nachfahrenschaft auch über den Vater eindeutig zu klären sein. Dies führt zur Entstehung der Einzelehe und in deren Folge auch zu einem Besitzanspruch der Männer. Die vermeidung inzestbedingter Missbildungen spielt wohl nur eine untergeordnete Rolle.

Engels sagt das zwar nicht explizit, aber meine These ist, dass die eindeutige Bestimmung der Nachkommen auch einen entscheidenden Einfluss auf frühen Gesetzestexte, also religiöse Gesetze hat -> die Ächtung von Ehebruch bis hin zum Jungfräulichkeitswahn. Die Männer wollen sich eben sicher sein, dass sie keine Kuckuckskinder groß ziehen. Und wie das in der Geschichte eben so ist, entwickelt das Ganze eine fatale Eigendynamik, die zu einer Verdammung und Tabuisiserung weiblicher Sexualität führt, bis hin zur Beschneidung von Frauen um ihnen jegliche Lust zu nehmen.NIemand würde bestreiten, dass Frauen von Männenr über Jahrtausende systematisch unterdrückt wurden. Aber beim modernen Feminismus frage ich mich manchmal, ob man nach der de-facto gleichberechtigung noch verzweifelt nach einer Daseinsberechtigung sucht. NIcht dass es keine Bereiche gäbe in denen Feminismus nicht immer noch gebraucht wird. Aber sowas? C´mon.