Moral und Historizismus im Zeitalter der Postmoderne

Es ist eine der zentralen Fragen, die ich mir im Laufe meines Lebens immer wieder gestellt habe: Entwickelt sich die Menschheit wirklich weiter?

Die diametralen Lösungsansätze dieser Frage sind:

1. Die Menschheit kaschiert die Menschen ihre (moralischen)Unzulänglichkeiten nur besser und/oder mir als Gefangene des Zeitgeistes fallen diese Verfehlungen nicht auf oder

2. Die Menschheit entwickelt sich tatsächlich weiter und die Menschenrechte sind universal und die gegenwärtig höchste Stufe der Moralentwicklung.

Nachdem die dominanten oder sagen wir besser lautesten Teile der Sozialwissenschaften in der Postmoderne den Dekonstruktivismus zur alleingültigen Maxime erhoben haben, ist es an der Zeit für eine Bestandsaufnahme. Grundsätzlich ist nichts schlechtes daran, dass die Geisteswissenschaften im speziellen und die Gesellschaft im allgemeinen tradierte, althergebrachte Wertvorstellungen und Gesellschaftsbilder hinterfragen. Niemand sollte in einem maroden und baufälligen Haus wohnen, das nicht mehr den gegenwärtigen Anforderungen gerecht wird. Aber mit dem Abriss des Hauses ist es eben nicht getan, denn dann findet man sich ohne Dach über dem Kopf wieder. Aus den abgebauten Bauteilen muss eine neue Unterkunft geschaffen werden, bestenfalls auf dem Fundament des alten Gebäudes.

Aber diesen Schritt scheinen die Dekonstruktivisten nicht gehen zu wollen oder nicht gehen zu können.Nicht gehen zu wollen, da es bequemer ist brachial die Abrissbirne zu schwingen als bedacht Stein auf Stein zu setzen. Nicht gehen zu können, da sie in ihrem unbedachten Vorgehen die Steine zerstört haben aus denen das neue Zuhause entstehen muss.

Der Sozialkonstruktivismus trägt zwar den Konstruktivismus im Namen, ist aber in seinem Kern eine dekonstruktivistische Idee: In einer Weltsicht in der alles ein soziales Konstrukt ist, alle Wertvorstellungen nur das Ergebnis kultureller und sozialer Prägung kann es keinen objektiven Maßstab für Moral mehr geben. Die Moral selbst wird dekonstruiert und so finden sich die Vertreter dieser Demontage auch in auf das Subjekt relativistischen Theorien wie dem Kulturrelativismus wieder. Warum sollten die Menschenrechte, die ja nur ein Konstrukt der westlicher Prägung wären einen wenn auch nicht objektiven so doch zumindest allgemeingültigen Charakter besitzen? Eigentlich ist aber auch jedem vernünftigen Menschen klar, dass eine Kultur die Homosexuelle von Häusern werfen lässt oder an Kränen aufknüpft, keineswegs erstrebenswert ist. Doch wie lässt sich das abseits meiner subjektiven, westlich geprägten Moralvorstellungen begründen? Ist die Idee der „moralisch-kulturellen Entwicklungsstufen“ haltbar?

Die zentrale Frage der Menscheit

Es ist eine der zentralen Fragen, die ich mir im Laufe meines Lebens immer wieder gestellt habe: Entwickelt sich die Menschheit wirklich weiter?

Die diametralen Lösungsansätze dieser Frage sind:

1. Die Menschheit kaschiert die Menschen ihre (moralischen)Unzulänglichkeiten nur besser und/oder mir als Gefangene des Zeitgeistes fallen diese Verfehlungen nicht auf oder

2. Die Menschheit entwickelt sich tatsächlich weiter und die Menschenrechte sind universal und die gegenwärtig höchste Stufe der Moralentwicklung.


Warum ich denke, dass nur Antwort 2 richtig sein kann, werde ich im Folgenden erörtern, in dem ich die folgenden Ansichten prüfe:


1. Meinen Glauben an die Universalität der Menschenrechte.

2. Meinen Glauben an den moralischen Fortschritt der Menschheit, der sich in Martin Luther Kings Zitat „The Arch Of History bends towards Justice“ wohl am besten widerspiegelt.

Die Menschenrechte, die ich als Grundlage meines Wertesystems annehme, sind eine recht junge Entwicklung. Daraus schließe ich, dass es vorwärts, aufwärts geht mit den Werten der Menschheit. Das dogmatische i.d.R. religiöse Moralsystem hat die Menschheit hinter sich gelassen, deren fatale Auswirkungen wir in religiös-fundamentalisitschen Staat noch immer beobachten können.
Die Grundaussage der Erklärung der Menschenrechte, dass jeder Mensch ist mit den gleichen Rechten geboren wird ist mehr als eine bloße Zeiterscheinung. Um dies zu begründen ist ein Exkurs in die Philosophie unerlässlich, genauer gesagt in die kontraktualistische Theorie von John Rawls. Kontraktualismus, Vertragstheorie ist ein Gedankenexperiment in dem in einem theorteisch angenommenen Urzustand die Menschen in einem Gesellschaftsvertrag die Ordnung der Gesellschaft festlegen. Die klassische Vertragstheorie entstand zur Zeit der Aufklärung im 17. Jahrhundert. Ihre einflussreichsten Vertreter waren Thomas Hobbes, John Locke und Jean-Jacques Rousseau.
Bei Hobbes ist der Naturzustand ein rechtsfreier Raum ist bei Thomas Hobbes so unerträglich, dass alle sich wünschen, ihn aufzulösen, denn das Leben gleicht einem Kinderhemd: Es ist kurz und beschissen. Die Unterordnung unter eine (staatliche) Rechtsordnung nach der die Gesellschaftsmitglieder geordnet zusammenleben, stellt sich als kleineres Übel dar. Dadurch wird postuliert, dass diejenigen, die sich im Naturzustand befinden, durch einen Vertrag freiwillig in den geordneten Gesellschaftszustand übergehen. Dies führt zu seiner aus heutiger Sicht höchst fragwürdigen Theorie des Leviathan, eines Herrschers der in sich die Wünsche der Gesellschaftsmitglieder vereint.

Theorie der Gerechtigkeit

John Rawls greift im 20. Jahrhundert auf dieses Gedankenexperiment zurück, erweitert sie um einen wichtigen Bestandteil, den Schleier des Nichtwissens (veil of ignorance) i der den Zustand der Menschen in einer fiktiven Entscheidungssituation bezeichnet, in dem sie zwar über die zukünftige Gesellschaftsordnung entscheiden können, aber selbst nicht wissen, an welcher Stelle dieser Ordnung sie sich später befinden werden, also unter einem „Schleier des Nichtwissens“ stehen. Rawls geht davon aus, dass in diesem „Urzustand“ (fälschlicherweise oft als Naturzustand gedeutet) alle Menschen völlig gleich sind und deswegen keine aufeinander oder gegeneinander gerichteten Interessen haben. Ebenso werden sie aus demselben Grunde ihre Entscheidung über die Gerechtigkeitsprinzipien nicht verfälschen können und sich so für einen gerechten Gesellschaftsvertrag entscheiden.

Diese völlige Gleichheit erreicht Rawls, indem er die folgenden Faktoren des Menschen und des menschlichen Lebens als für Gerechtigkeit nicht relevant behandelt:

  • geistige, physische und soziale Eigenschaften wie Hautfarbe, Ethnie, Geschlecht, Religionszugehörigkeit
  • Stellung innerhalb der Gesellschaft, sozialer Status und materieller Besitz
  • geistige und physische Fähigkeiten wie Intelligenz, Kraft
  • besondere psychologische Neigungen wie Risikofreude, Optimismus
  • Vorstellung vom Guten, Details des eigenen Lebensentwurfs
  • Einrichtung der Gesellschaft etwa ökonomischer und politischer Art
  • Niveau der Gesellschaft zum Beispiel hinsichtlich Zivilisationsfortschritt und Kultur
  • Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation

Ein Beispiel: Aus einem rein utilitaristischen Ansatz (Das größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl von Menschen) lässt sich beispielsweise keine moralische Begründung für Behindertenparkplätze ableiten. Es gibt mehr Menschen, die in ihrer persönlichen Freiheit zu parken wo sie wollen eingeschränkt werden, als Menschen, denen sie nutzen.

Aus dieser abstrakten Gleichheit folgt die Unparteilichkeit der Menschen, aufgrund derer sie aus einer Reihe von möglichen Gerechtigkeitsprinzipien die Rawlsschen wählen sollten. Darin ist nun keine logische Beziehung zu sehen; es handelt sich um eine in der normativen Gerechtigkeitstheorie argumentativ dargelegte Behauptung.

Und das Ergebnis dieses Vertrags wäre meiner Einschätzung nach eben immer etwas, was der Deklaration der Menschenrechte sehr ähnlich wäre. Ergo: Menschenrechte sind universalistisch begründbar.

Bleibt die Frage, ob sich die Menschheit in diese Richtung entwickelt. Als Maßstab muss hier zwangsläufig die Geschichte der Menschheit gelten.

Ich glaube die Entwickliung der Menschheit ist eine in ihrem Zentrum nach oben steigende Sinuskurve. Ja, es gibt harte Rückschläge, Atavismen wie das Dritte Reich, Sowjetunion oder das kommunistische China – das 20. Jahrhundert ist voll davon. Aber die Idee der Menschenrechte hat sich dann letztendlich doch durchgesetzt bzw. sie ist zumindest nicht verschwunden. Da es sich um eine vergleichsweise junge Theorie handelt, kann man meiner Meinung nach den Entwicklungszustand einer Gesellschaft anhand seiner Annäherung an eine im Einklang mit den Menschenrechten stehende Gesellschaftsordnung bewerten. Fortschritt ist Schwinden des Bösen.

Das Böse

Was ist denn das Böse? Was empfindet jeder Mensch unabhängig der kulturellen Prägung, apriorisch im Sinner Kants bzw. unter dem Schleier des Nichtwissens im Sinne Rawls als Böse? Schmerz, Gewalt, Willkür.

Hier kann man einwenden das in vielen Kulturen Hinrichtungen, Folter usw. fester, sogar institutionalisierter Bestandteil der Gesellschaftsordnung waren. Menschenopfer, Hinrichtungen, sogar Genozide. Aber, dass sich Menschen dies gegenseitig antun braucht es eine sehr starke Indoktrination, in der Regel eine Entmenschlichung der „Anderen“. Eine deratige Moralvorstellung kann also nicht wahrhaftig sein.

Also was tun? Wie kann man diesem „Bösen“ beikommen? Das Böse ist letztendlich eine Mangelerscheinung. Mangel an Gütern zur Befriedung der physiologischen, sozialen, individuellen Grundbeürfnisse. Mangel lässt sich, zumindest theoretisch, beheben. Doch was ist der Schlüssel zur Behebung dieses Mangels? Technologie.

Die Menschen vergessen, wie lange es schon Menschen gibt und dass über die längste Zeit keinerlei Aufzeichnungen bestehen: 300.000 Jahre. Die frühen Menschen haben alleine 10.000 Jahre gebraucht zwischen der Nutzung des Feuers bis hin dazu, selbst Feuer entfachen zu können. Zwischen dem ersten Flugzeug und der Mondlandung vergingen keine 100 Jahre.

Technologie ist ein fortlaufender Prozess – wenn nicht gerade die Bibliothek von Alexandria abgefackelt wird.

Es sind noch keine hundert Jahre vergangen seit der letzten Hungersnot in Europa. Die letzte in Irland, welche die starke Migration der Iren in die USA zur Folge hatte.

Aber die Erfindung des Kunstdüngers und der großflächige Einsatz in den 20ern führte zum Verschwinden des Hungers in Europa, abgesehen natürlich von den menschengemachten Katastrophen der Weltkriege. Der Hunger ist zwar noch nicht weltweit, aber ein wichtiger Schritt in die Beseitigung dieses Mangels, den die Menschheit in ihrer 300.000 Jahre während Geschichte hatte ist vollbracht. Eigentlich unvorstellbar. Und diese Entwicklung findet in dem Teil der Erde, der eben auch die fortschrittlichsten Gesetze hat.

Und hier schließt sich der Kreis zu den Eingangsfragen:

Ja, die Menschheit entwickelt sich moralisch weiter.

Ja, die Menschenrechte sind das was einem natürlichen, apriorischen Gesetz am nächsten kommt.

Ob die Menschenrechtesich allerdings durchsetzen – das hängt von sehr vielen Faktoren ab. Nicht ohne Grund erschaffen Menschen wohl so viele Dystopien. Es kann einfach verdammt viel schief gehen.

Neorassismus – Versuch einer Begriffsbestimmung

Zunächst ist der Begriff von der Verwendung „Rassismus ohne Rassen“ nach Étienne Balibar und Stuart Hall abzugrenzen. Da sich bereits die Begrifflichkeit „Kulturrassismus“ bzw. „Kultureller Rassismus“ durchgesetzt hat. Des weiteren stellt „Kulturrassismus“ eine VErwässerung des Rassismusbegriffes da.

Die Verwässerung des Rassismusbegriffes

In dem man den Rassismusbegriff auf Kultur oder Religion (antimuslimischer Rassismus) ausweitet, widerspricht dies der Kernbedeutung von Rassismus: Die Ablehnung (imweitesten Sinne) eines Menschen bzw. einer Gruppe von Menschen aufgrund eines unveräußerlichen biologischen Merkmals, gewöhnlich dessen, was man im englischen immer noch Race nennt, im Deutschen aber aufgrund der historischen Belastung des Begriffs in der Regel mit Ethnie oder phenotypische Merkmale umschrieben wird.

Dieses Phänomen unterscheidet sich fundamental vom bereits erwähnten „Kulturrassismus“. Denn eine Kultur ist eben mehr als ein reines äußerliches Merkmal. Mit der Kutlur geht ein Wertesystem, bestimmte Gepflogenheiten, Religion usw. einher, wie sie bspw. den World Value Survey zu finden sind.

Kulturen sind verschieden

Festzustellen, dass manche Kulturen mehr und manche weniger kompatibel sind, sollte nicht sprachlich mit der Verachtung von Menschen aufgrund biologischer Merkmale gleichgesetzt werden . Franzosen und Deutsche haben nun mal mehr gemeinsam als Deutsche und Nigerianer. Das heißt natürlcih nicht, dass man deshalb überhuapt nicht miteinander klarkommen kann oder dass die einen höherwertig sind oder was auch immer. Es ist keine Wertung, sondern eine reine Betrachtung.

Wohingegen echter, also klassischer Rassismus jeglicher Logik widerspricht. Denn für das Zusammenleben ist, wie Martin Luther King Jr. sagt der Charakter entscheidend und nciht die Hautfarbe.

Die Renaissance des Rassismus

Um so irritierender ist es, dass eine neue Form des Hautfarbenbewusstseins wieder salonfähig wird. Menschen werden von selbsternannten Antirassisten, Vertretern der Critical Race Theory, Teilen der Vertreter des intersektionalen Rassismus wieder anhand der Hautfarbe in Kollektive eingeteilt. Darüber hinaus werden diesen Kollektiven („Rassen“) nicht nur gewisse Eigenschaften zugeschrieben, sondern auch nach marxistischem Prinzip kategorisch in Täter und Opfer eingeteilt. So wird weißen Menschen ein inhärenter Rassismus unerstellt so wie das bewusste oder unbewusste Mitwirken an einem weltweiten Unterdrückungssystems, das auf geradezu magische Weise steht die angehörigen der eigenen Ethnie bevorzugt. Die Ähnlichkeit zur antisemitischen Verschwörungstheorie des Weltjudentums ist hierbei offensichtlich. Aus der vermeintlichen Präsenz allgegenwärtiger Privilegien wird der Anspruch einer Ungleichbehandlung von Menschen anhand ihrer Rasse abgeleitet: Stipendien ausschliesslich für Schwarze, Quoten für Menschen mit Migrationshintergrund die bei geringerer oder gleicher Eignung den Vorzug erhalten.

Das ist Rassismus. „Rassismus ist eine Ideologie, nach der Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale oder negativer Fremdzuschreibungen, die übertrieben, naturalisiert oder stereotypisiert werden, als „Rasse“, „Volk“ oder „Ethniekategorisiert und ausgegrenzt werden.

Paradoxerweise geschieht dies im Namen des Antirassismus. Anstatt den Rassismus überwinden zu wollen bedient man sich weiterhin rassistischer Narrative. Es entsteht sogar der Eindruck, dass Rassismus nicht per se etwas schlechtes wäre, sondern dass man ihn eben nur gerne umkehren würde.

Der Rassismus erlebt eine Renaissance und man sollte ihn als das benennen was er ist: Neorassismus.

Die „Critical Race Theory“ ist keine neue Bürgerrechtsbewegung – sondern das Gegenteil.

Die Bürgerrechtsbewegung basierte auf einer hoffnungsvollen und optimistischen Vision, dass das moderne Amerika, die Ideale des Landes in die Realität umzusetzt. CRT hingegen präsentiert eine dystopische Vision, in der

(veröffentlicht 10.06.2021)

Auch wenn ihre Anhänger das gerne so darstellen. Aber diese Argumentation ist, auch wenn für die Anhänger natürlich zur Legitimation sehr attraktiv, logisch falsch: Die Critical Race Theory (CRT ) untergräbt ausdrücklich die intellektuellen und moralischen Grundlagen des farbenblinden amerikanischen Liberalismus.

Oder wie es eine Kommentatorin mir gegenüber unverblühmt schrieb: „der nötige Schritt um Kategorisierungen wie Schwarz,BiPoc zu überwinden, ist diejenigen, die sonst die Deutungshoheit über Kategorien haben, selbst zu kategorisieren. Also simpel gesagt, Weiße als eben Weiße zu kategorisieren. Und nachdem alle, wirklich alle, also inkl. der dominanten Gruppe, die ein wir/ihr Konzept herstellt, kategorisiert wurden…Probleme herausgearbeitet und benannt und bearbeitet wurden; erst dann kann man realistisch betrachtet, die Kategorien weglassen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.“

Rassismus mit Rassismus bekämpfen – was soll da schon schiefgehen?

Die Bürgerrechtsbewegung basierte auf einer hoffnungsvollen und optimistischen Vision, dass das moderne Amerika, die Ideale des Landes in die Realität umzusetzt. CRT hingegen präsentiert eine dystopische Vision, in der allgegenwärtige Scheinheiligkeit und Unterdrückung Amerikas nationale Seele definieren. Anhänger der CRT sind weit davon entfernt, die Erben der Bürgerrechtsbewegung zu sein. In vielerlei Hinsicht ist die CRT schlicht ihr Gegenteil. Sie basiert nicht auf einer gesicherten Faktenlage, sondern möchte uns weis machen, dass es immer und überall Rassismus gibt.Martin Luther King und seine Zeitgenossen kämpften bekanntlich für eine Welt, in der „Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden“. CRT stellt nicht nur die Farbe der eigenen Haut in den Vordergrund, sondern präsentiert auch den menschlichen Charakter weitgehend als mit der Rasse unweigerlich verknüpft – wobei weiße Unterdrücker von der bösen Ideologie des „Weißseins“ programmiert werden, während den Nicht-Weißen vorsorglich der Opferstatus zuerkannt wird.

In ihrer unnachgiebigen Fokussierung auf Weiße als Quelle des Bösen in der Gesellschaft nimmt die CRT die Form einer mystischen Verschwörung an. Einflussreiche Anhänger der CRT wie Richard Delgado und Jean Stefancic haben zum Beispiel behauptet, Rassismus sei ein Werkzeug, das von „weißen Eliten“ in unausgesprochener Allianz mit der „weißen Arbeiterklasse“ aufrechterhalten wird, um Nichtweiße unterdrückt zu halten. Für sie ist Rassismus keine individuelle Geisteshaltung, sondern ein totalitäres System zur Gewinnung und Verteidigung politischer und wirtschaftlicher Macht.

Der gefeierte „Antirassismus“-Autor und Dozent Ibram X. Kendi definiert Rassismus als „eine Verbindung von rassistischer Politik und rassistischen Ideen, die rassistische Ungerechtigkeiten hervorbringt und normalisiert“. Solche pauschalen, universalistischen Definitionen helfen beim Verkauf von Büchern. Aber sie verlegen auch den Wirkungsbereichs des Rassismus gleichzeitig ins überall und nirgendwo – ähnlich wie religiöse Texte die Existenz Gottes (oder des Teufels) darstellen. Wie kann eine so nebulöse Idee von so vielen Menschen, gerade auch im akademischen Umfeld, so unkritisch geschluckt werden?In einer Rede an der University of Newcastle im Jahr 1967 sagte Martin Luther King:

“There can be no separate black path to power and fulfilment that does not intersect white routes and there can be no separate white path to power and fulfilment short of social disaster that does not recognize the necessity of sharing that power with colored aspirations for freedom and human dignity.”

Der Weg zum Glück der Schwarzen und auch der Weißen könne nur gemeinsam erreicht werden.Kritische Theoretiker weisen Kings Vorschlag zurück, da ein solcher einheitlicher Kampf gegen Rassismus überhaupt möglich wäre. Sie begreifen Weiße als Menschen, die von einem angeborenen Gefühl rassistischer Feindseligkeit angetrieben werden. King sah Gleichheit und Aufklärung als Werte aller Menschen an, die über Liebe, Empathie und gesunden Menschenverstand verfügen. Für die Anhänger der CRT hingegen können Gleichheit und Aufklärung für Weiße nur durch die Verinnerlichung von starr artikulierten, emotional sterilen Dogmen in obskurem Jargon erreicht werden.

Diese Art von „Fortschritt“, von der Überwindung des mit der Hautfarbe unweigerlich aufgesogenen Rassismus ist nur für jene privilegierten weißen „allies“(„Verbündeten“) möglich, die sich selbst zur moralisch fortschrittlichen Avantgarde erheben. King fände diese elitäre Haltung gewiss abstoßend.

Der Unterschied zwischen der Bürgerrechtsbewegung und der CRT ist nicht graduell. Er ist grundlegend. Befürworter des ersteren glauben, dass Amerika seine Fehler und Sünden überwinden kann, während letztere diese Fehler und Sünden als Vorwand präsentiert, um den liberalen Charakter Amerikas zu zerstören. Die eine Seite strebt nach Gleichheit und Fortschritt, während die andere einen Fetisch aus Unterdrückung und Spaltung macht. Es sollte nicht schwer sein zu erkennen, welcher Weg in eine bessere Zukunft für die USA führt.(Übersetzte Auszüge „No, Critical Race Theory Isn’t a New Civil Rights Movement. (Just the Opposite)“ von Kenny Xu und Christian Watson auf Quilette.com)

Aladin El-Mafaalani und die Grundlagen der modernen westlichen Gesellschaft

(veröffentlicht 25.10.2021)

Also ich mag den Aladin ja irgendwie, hat ein paar ganz stabile Thesen – aber in letzter Zeit, bedient er sich leider stark an der Critical Race Theory. Wissenschaft ist rassistisch weil sie in einem rassistischen Zeitalter, nein, einer „Hochzeit“ des Rassismus entstand? Welche denn? Physik wegen der schwarzen Löcher?

Dieser Gedankengang funktioniert nur, wenn man hartes Cherry-Picking bei den historischen Fakten betreibt. Rassismus als (einzige) Triebfeder der westlichen Gesellschaften zu sehen kann in ihrer Monokausalität schon gar nciht den komplexen gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrhunderte gerecht werden. Sie lässt des weiteren konkrete Punkte einfach ausser Acht:Wie steht es denn um den europäischen Humanismus? Die Erklärung der Menschenrechte „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“? Den ideengeschichtlichen Grundlagen dieser Entwicklung im Christentum?Kann es sein, Herr El-Mafaalani, dass Sie sich hier ein bisschen zu sehr an der Critical Race Theory bedienen? Es erinnert mich etwas an den „Antirassismus“-Autor und Dozent Ibram X. Kendi. Dieser definiert Rassismus als „eine Verbindung von rassistischer Politik und rassistischen Ideen, die rassistische Ungerechtigkeiten hervorbringt und normalisiert“.

Solche pauschalen, universalistischen Definitionen helfen beim Verkauf von Büchern. Aber sie verlegen auch den Wirkungsbereichs des Rassismus gleichzeitig ins überall und nirgendwo – ähnlich wie religiöse Texte die Existenz Gottes (oder des Teufels) darstellen. Wie kann eine so nebulöse Idee von so vielen Menschen, gerade auch im akademischen Umfeld, so unkritisch geschluckt werden? Die Critical Race Theory untergräbt ausdrücklich die intellektuellen und moralischen Grundlagen des farbenblinden Liberalismus. Martin Luther King und seine Zeitgenossen kämpften bekanntlich für eine Welt, in der „Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden“. Die Critical Race Theory (CRT) stellt nicht nur die Farbe der eigenen Haut in den Vordergrund, sondern präsentiert auch den menschlichen Charakter weitgehend als mit der Rasse unweigerlich verknüpft – wobei weiße Unterdrücker von der bösen Ideologie des „Weißseins“ programmiert werden, während den Nicht-Weißen vorsorglich der Opferstatus zuerkannt wird.

Die Bürgerrechtsbewegung basierte auf einer hoffnungsvollen und optimistischen Vision, dass das moderne Amerika, die Ideale des Landes in die Realität umzusetzt. CRT hingegen präsentiert eine dystopische Vision, in der allgegenwärtige Scheinheiligkeit und Unterdrückung Amerikas nationale Seele definieren. Anhänger der CRT sind weit davon entfernt, die Erben der Bürgerrechtsbewegung zu sein. In vielerlei Hinsicht ist die CRT schlicht ihr Gegenteil. Sie basiert nicht auf einer gesicherten Faktenlage, sondern möchte uns weis machen, dass es immer und überall Rassismus gibt.Der Unterschied zwischen der Bürgerrechtsbewegung und der CRT ist nicht graduell. Er ist grundlegend. Befürworter des ersteren glauben, dass der Westen seine Fehler und Sünden überwinden kann, während letztere diese Fehler und Sünden als Vorwand präsentiert, um den liberalen Charakter des Westens zu zerstören. Die eine Seite strebt nach Gleichheit und Fortschritt, während die andere einen Fetisch aus Unterdrückung und Spaltung macht. Es sollte nicht schwer sein zu erkennen, welcher Weg in eine bessere Zukunft führt.